Bedburger Straßenlexikon
Rund 400 Straßen gibt es in Bedburg, deren Namen meist alteingesessen und damit für die Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich sind. Doch schauen wir einmal genauer hin, entdecken wir viele Straßennamen, die Fragen aufwerfen: Wer waren die Personen, die namensgebend für die Straßen in unserer Stadt sind? Das Bedburger Straßenlexikon klärt auf: Wer war zum Beispiel Anton Heinen? Und was hat es mit dem heiligen Sankt Rochus auf sich?
In Bedburg gibt es viele Straßen, die nach bekannten und einflussreichen Personen benannt wurden, welche sich politisch, kulturell, wissenschaftlich oder gemeinschaftlich in herausragender Weise engagiert haben. Andere wiederum sind nach Legenden benannt, deren Existenzen umstritten sind oder gar widerlegt wurden. Viele der namensgebenden Personen sind weithin bekannt, andere eher weniger. Hier stellen wir Bedburger Straßennamen vor, deren Namensgeber*innen eine spannende Geschichte erzählen.
Sie vermissen eine Straße in unserem Lexikon? Dann senden Sie uns gerne Ihren Straßenvorschlag an: online@bedburg.de
Teil I: Anton-Heinen-Straße (Kirdorf)
Die im Stadtteil Kirdorf gelegene Straße wurde nach dem katholischen Priester und Volkspädagogen Anton Heinen (Lebzeit 1869-1934) benannt, der in der ehemaligen Bedburger Ortschaft Buchholz geboren wurde.
Vornehmlich widmete sich Heinen der Erwachsenenbildung, verfasste und publizierte auf diesem Gebiet zahlreiche Schriften. Auch die in Kirdorf ansässige Anton-Heinen-Schule ist nach ihm benannt.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 08 / 29.04.2023]
Teil II: Sankt-Ursula-Weg (Lipp)
Im Bedburger Stadtteil Lipp gelegen, verläuft der Sankt-Ursula-Weg entlang des Friedhofs bis zur Karlstraße in Bedburg-West. Sowohl die Kirche in Lipp als auch die Straße sind nach der heiligen Ursula von Köln benannt, die im 4. Jahrhundert gelebt haben soll. Verschiedenen historischen Quellen zufolge stammte sie aus der Bretagne und starb in Köln als Märtyrerin im Kampf gegen die Hunnen, die damals die Stadt besetzten.
Da die historische Existenz der heiligen Ursula jedoch nicht nachgewiesen werden kann, gilt sie als Legendenfigur. Deutschlandweit sowie in vielen anderen europäischen Ländern wurden zahlreiche Kirchen und Schulen nach ihr benannt, die gemeinhin als „Ursulakirchen“ und „Ursulaschulen“ bekannt sind.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 09 / 13.05.2023]
Teil III: Hubert-Hachenberg-Straße (Blerichen)
Noch heute versprüht die Hubert-Hachenberg-Straße den Charme der Arbeiterklasse aus der Nachkriegszeit. Die kleine Straße liegt im Herzen des Stadtteils Blerichen und wurde nach Hubert Hachenberg (Lebzeit 1914-1971) benannt, seinerzeit Bürgermeister des Amtes Bedburg[*]. Im Frühjahr 1946 hatte die britische Militärregierung eine Neufassung der Deutschen Gemeindeordnung verfügt. An die Stelle der Bürgermeisterverfassung setzte sie eine Ratsverfassung nach britischem Vorbild. Der Bürgermeister wurde zum ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden des Rates und Repräsentanten der Gemeinde. In seiner Zeit als Amtsbürgermeister von 1969 bis 1971 machte Hachenberg sich in ehrenvoller Weise um das Amt Bedburg verdient. Ihm gelang es, ein ausgezeichnetes Verhältnis zwischen Verwaltung und Rat herzustellen.
[*] Das Amt Bedburg entstand 1945 aus dem Zusammenschluss der Stadt Bedburg mit der Gemeinde Lipp (die offizielle Zustimmung der Gemeinderäte von Lipp dazu erfolgte erst im Jahre 1950). Es bestand aus den zur Stadt Bedburg gehörenden Orten (alphabetisch) Auenheim, Bedburg, Blerichen, Broich, Buchholz, Frauweiler, Garsdorf, Geddenberg, Kirdorf, Muchhaus, Oberschlag, Rath, Winkelheim sowie den Gütern Gommershoven, Majershof, Priorshof und Tannenhof und den zur Gemeinde Lipp gehörenden Orten Gaulshütte, Lipp, Millendorf, Oppendorf und den Gütern Etgendorf und Schunkenhof. 1974 wurde im Zuge der Gemeindereform das Amt Bedburg aufgelöst; der Rechtsnachfolger wurde zum Jahreswechsel 1975 die neu entstandene „Stadt Bedburg“.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 12 / 24.06.2023]
Teil IV: Franz-Vosen-Straße (Kaster)
Franz Vosen (Lebzeit 1901-1989), ehemaliger Bürgermeister von Kaster, hatte eine bewegende Lebensgeschichte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er aufgrund seiner KPD-Mitgliedschaft aus dem Gemeinderat entfernt, mehrfach verhaftet und zu einer mehrjährigen Haft verurteilt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er polizeilich überwacht und musste sich täglich bei der Kasterer Behörde melden. Knapp zwölf Jahre später war er jedoch wieder in der Kommunalpolitik aktiv und wurde 1946 zum Bürgermeister von Kaster gewählt, wieder als KPD-Mitglied (kurz darauf SPD). Bis 1956 war er in diesem Amt tätig, dem Gemeinderat gehörte er noch bis 1974 an.
Nach ihm wurde die Franz-Vosen-Straße benannt, um an sein Wirken in der Nachkriegszeit zu erinnern und um seine Arbeit beim Aufbau demokratischer Strukturen in der Kommunalpolitik zu würdigen. Außerdem trug er einen entscheidenden Teil dazu bei, dass die Kriegsschäden wieder behoben wurden und dass Kaster nicht dem Braunkohlentagebau weichen musste.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 13 / 08.07.2023]
Teil V: Sankt-Rochus-Straße (Kaster)
Im Ortskern des Bedburger Stadtteils Kaster liegt die nach Rochus von Montpellier benannte Straße, die entlang der Ladengeschäfte verläuft und aus dem Ort hinausführt. Rochus von Montpellier ist ein Heiliger der katholischen Kirche und lebte den Überlieferungen nach zwischen 1295 und 1379. Über Jahrhunderte war er einer der beliebtesten Volksheiligen Europas. Zu Lebzeiten half er vielen Pestkranken und galt daher als Schutzpatron gegen die Krankheit.
Viele Kirchen in ganz Europa sind heute nach Rochus von Montpellier benannt, welche man gemeinhin als Rochuskirchen bezeichnet. Die Informationen über den heiligen Rochus sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da viele Hintergründe zu seinem Leben und Wirken als legendarisch gelten.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 14 / 22.07.2023]
Teil VI: Adolf-Silverberg-Straße (Bedburg, Innenstadt)
Die Adolf-Silverberg-Straße liegt in der Bedburger Kernstadt, verläuft entlang der Bahnschienen und grenzt unmittelbar an den Stadtteil Blerichen. Sie wurde nach dem deutsch-jüdischen Industriellen Adolf Silverberg (Lebzeit 1845–1903) benannt, unter dessen Einfluss gegen Ende des 19. Jahrhunderts die moderne Braunkohleindustrie im Rheinland entstand.
In Bedburg sorgte er dafür, dass rund 1.000 Arbeitsplätze entstanden, indem er u. a. in die Rheinischen Linoleumwerke investierte, deren Produktionsstätten in der heutigen Adolf-Silverberg-Straße ansässig waren. Nicht nur die Straße ist nach ihm benannt; auch das Bedburger Gymnasium trägt seit 1998 den Namen „Silverberg-Gymnasium“.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 17 / 02.09.2023]
Teil VII: Gerhard-vom-Brugh-Straße (Broich)
Im Normalfall findet man sie nur, wenn man gezielt nach ihr sucht: die Gerhard-vom-Brugh-Straße am Ortsrand des Bedburger Stadtteils Broich. Die Straße liegt in unmittelbarer Nähe der Erft, welche von dort aus innerhalb weniger Minuten fußläufig erreichbar ist. Namensgeber der Straße ist Gerhard vom Brugh, der im 14. Jahrhundert als Eigentümer einer Burg namens „Castrum Scidrike“ in Broich lebte. 1390 verkaufte er das Anwesen an das Augustinerkloster in Bedburg.
Die Burg fiel um 1642 dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer, heute erinnert der Name der nahegelegenen Straße „Schirkerhof“ noch an deren frühere Existenz.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 18 / 16.09.2023]
Teil VIII: Josef-Schnitzler-Straße (Königshoven)
Die Josef-Schnitzler-Straße ist eine vergleichsweise junge Straße in unserem Stadtgebiet, die nach der Umsiedlung des Ortes Königshoven entstand, auf deren Umsetzung Christian Josef Schnitzler (Lebzeit 1905-1974) in seiner langjährigen Amtszeit als Bürgermeister des Ortes (von 1956 bis 1974) maßgeblichen Einfluss nahm. Schnitzler setzte sich dafür ein, bei der Umsiedlung auch die vielen Landwirte zu berücksichtigen und die notwendigen Rekultivierungsmaßnahmen, die erst eine Ansiedlung der Landwirte ermöglichten, durchzuführen.
Auch am gesellschaftlichen Zusammenleben in Königshoven beteiligte er sich bereichernd: Als Mitbegründer und Leiter des Königshovener Mandolinenorchesters „Gebirgsklänge“ legte er den Grundstein für das musikalische Vereinsleben in Bedburg. Ebenso beteiligte er sich an der sportlichen Entwicklung im Ort: So gehörte er dem Reitsportverein Königshoven an, mit dem er – zusammen mit seinen Vereinskameraden – für seine Leistungen zu Pferde ausgezeichnet wurde.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 19 / 30.09.2023]
Teil IX: Sankt-Florian-Straße (Bedburg, Innenstadt)
Eine vergleichsweise junge Straße findet sich im Bedburger Stadtkern nahe des Globus-Marktes: Die Sankt-Florian-Straße, die unter anderem Sitz der Feuerwehrwache der Freiwilligen Feuerwehr Bedburg ist, trägt diesen Namen nicht zufällig. Denn der heilige Florian, dessen wirklicher Name Florian von Lorch war, gilt sowohl in der katholischen als auch der orthodoxen Kirche als Schutzpatron gegen die Gefahr des Feuers.
Historischen Quellen zufolge lebte Florian im 3. Jahrhundert in Österreich und starb im Jahr 304 - während der Zeit der Christenverfolgung im römischen Reich - einen grausamen Märtyrertod: Um 40 Christen zu erretten, die in der historischen Stadt Lauriacum in Österreich gefoltert und eingesperrt wurden, reiste Florian dorthin und wurde für seinen Einsatz und sein Bekenntnis zum Christentum zum Tode verurteilt. Da seine Todesstrafe durch Verbrennung verhängt werden sollte, sagte er seinen Vollstreckern, er würde auf den Flammen zum Himmel aufsteigen, wenn sie ihn verbrennen würden, wovon sich seine Peiniger einschüchtern ließen. Dadurch entging er zwar dem Tod durch das Feuer, wurde stattdessen jedoch von einer Brücke in den Fluss Enns gestürzt.
Ihm zu Ehren wird der Florianitag als Gedenktag am 4. Mai bis heute bei den Feuerwehren in Österreich, Bayern und dem Saarland gefeiert.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 2 / 03.02.2024]
Teil X: Carl-von-Ossietzky-Ring (Kaster)
Wie auf dem Bild unschwer zu erkennen ist, wird sie noch bebaut, doch ihren Namen hat die Straße bereits: Der Carl-von-Ossietzky-Ring im neuen Kasterer Wohngebiet „Sonnenfeld“ soll Wohnraum für viele Menschen in unserer Stadt bieten. Zeit für das Bedburger Straßenlexikon die Frage aufzuwerfen: Wer war denn eigentlich Carl von Ossietzky?
Im Jahr 1889 in Hamburg geboren, zog von Ossietzky in vielerlei Hinsicht ein schweres Los: Als schlechter, aber literaturbegeisterter Schüler, der des Öfteren den Unterricht schwänzte, um Werke von etwa Goethe und Schiller zu studieren, schaffte er aufgrund seiner Schwächen in Mathematik und anderen Schulfächern den Abschluss der mittleren Reife auch nach mehreren Anläufen nicht. Wegen seiner schulischen Misserfolge gab es für ihn keine Möglichkeit, eine akademische Laufbahn einzuschlagen und nahm als „Hilfsschreiber“ im Jahr 1907 erstmals eine journalistische Tätigkeit bei der Hamburger Justizverwaltung an. In dieser Zeit besuchte er unzählige kulturelle und politische Veranstaltungen, schrieb nebenbei Gedichte und entwickelte eine Begeisterung für den Pazifismus und die „Nie wieder Krieg“-Bewegung.
Von da an schlug von Ossietzky eine beachtliche journalistische Karriere ein, schrieb für verschiedene bedeutende Medien wie die „Berliner Volks-Zeitung“, und machte als bekennender Pazifist und Kritiker der preußischen Militärjustiz auf sich aufmerksam. Später wurde von Ossietzky Herausgeber der Zeitschrift „Die Weltbühne“, für die er immer wieder Artikel verfasste, die sich gegen die illegale Aufrüstungspolitik während der Weimarer Republik richteten und musste sich daher wegen Spionage vor Gericht – im Rahmen des sogenannten „Weltbühne-Prozesses“ - verantworten.
1931 wurde von Ossietzky wegen seiner Offenlegungen zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt, die er im Jahr 1932 verbüßte. Doch damit wurde ihm noch nicht genug Leid zuteil: Kurz nach seiner Entlassung kamen die Nationalsozialisten an die Macht, nahmen von Ossietzky aufgrund seiner pazifistischen Gesinnung in Haft und verbrachten ihn als politischen Häftling in das Konzentrationslager Esterwegen, wo er unter unmenschlichen Bedingungen lebte und häufig schwer misshandelt wurde. Doch hatte er außerhalb des Konzentrationslagers nach wie vor viele Freunde und Unterstützer, die ab 1934 eine Kampagne für von Ossietzky ins Leben riefen, um sein Wirken mit dem Friedensnobelpreis zu würdigen.
Nachdem er schließlich im November 1936 aus der Haft entlassen und schwerkrank in ein Krankenhaus verlegt wurde, erhielt er noch im selben Jahr den Friedensnobelpreis. Doch schon 1938 verstarb Carl von Ossietzky an den Folgen der Misshandlungen durch die Nazis und an einer Krankheit, die er sich während seiner Haftzeit im KZ zugezogen hatte.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 3 / 17.02.2024]
Teil XI: Karl-Gatzen-Straße (Kirchherten)
Nicht viele Straßen im Bedburger Stadtteil Kirchherten sind nach Personen benannt. Eine Ausnahme bildet die Karl-Gatzen-Straße, deren Namensgeber als ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Pütz in seiner Amtszeit von 1956 bis 1969 auch auf andere Ortsteile bereichernden Einfluss nahm. In dieser finanzschwachen Zeit, in der ländliche Gemeinden mit nur geringen Einnahmen aus der Gewerbesteuer auskommen mussten, waren Kommunalpolitiker angehalten, mit einem Mindestmaß finanzieller Mittel möglichst vielen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger beizukommen.
Karl Gatzen (Lebzeit 1921-1975) fasste Mut und rief in seiner Amtszeit während der 1960er Jahre ein großes Bauprogramm ins Leben: So wurden ein Schulerweiterungsbau sowie eine Turnhalle im Nachbarort Kirchherten, eine Gymnastikhalle in Kirchtroisdorf, umfassender Straßen- und Wegebau sowie umfangreiche Kanalisationsarbeiten ermöglicht.
Neben seinem Amt als ehrenamtlicher Bürgermeister von Pütz war Gatzen zudem Rendant und Vorsteher der Kirche St. Martinus in Kirchherten und übte fortwährend seinen Beruf in der Wissenschaft als Historiker und Geologe aus. Von 1969 bis 1972 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Im Jahr 1975 kam er durch einen Motorradunfall ums Leben.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 6 / 30.03.2024]
Teil XII: Oeppenstraße (Bedburg, Innenstadt)
Haben Sie sich schon einmal gefragt, woher die Oeppenstraße in Bedburg, unweit vom Bedburger Schlosspark gelegen, ihren Namen hat? Tatsächlich führt uns diese Straßenbenennung weit in die Vergangenheit; in die sogenannte Franzosenzeit (etwa 1792 bis 1815), während derer die Stadt Bedburg, ebenso wie weite Teile des Rheinlandes, von den Franzosen unter der Führung von Napoleon Bonaparte besetzt wurde. In dieser Zeit lenkte Reiner Oeppen als erster „Maire“ (französisch für „Bürgermeister“) das Geschehen in unserer Stadt, die damals als „Bedbourg“ bekannt war. Auch die Straßen Bedburgs erhielten um 1810 französische Namen.
Oeppens Tagebücher aus den Jahren 1800 bis 1812 geben Aufschluss über seine Tätigkeiten als Bürgermeister während dieser Zeit: Demnach war er für die Festlegung von Steuern verantwortlich und richtete sich dabei nach der Qualität der Böden. Zur Verhinderung von Diebstählen und Einbrüchen teilte er Männer zwischen 18 und 60 Jahren als Wachposten ein. Auch erließ er Verordnungen zur Einschränkung der Brandgefahr, da die damaligen Fachwerkhäuser noch mit Strohdächern ausgestattet und dadurch sehr leicht entflammbar waren. Im Jahr 1812 legte Reiner Oeppen sein Amt nieder, ehe er 1813 Friedensrichter wurde. Zu dieser Zeit fanden in Bedburg noch regelmäßig Gerichtsverhandlungen statt, die erst 1908 vollständig eingestellt wurden.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 15 / 03.08.2024]
Teil XIII: Ludwig-Quidde-Straße (Kaster)
Im zehnten Teil unseres Lexikons widmeten wir uns bereits dem Carl-von-Ossietzky-Ring, der im brandneuen Baugebiet „Sonnenfeld“ den namensgebenden pazifistischen Schriftsteller ehrt. Mit dieser Ausgabe möchten wir auch den anderen Teil des Wohngebiets vorstellen: die zur Kasterer Mühlenerft gelegene Ludwig-Quidde-Straße.
Der Politiker und Friedensaktivist Ludwig Quidde wurde 1858 in Bremen geboren, lebte und wirkte aber vorrangig in München und wurde bereits im Alter von 23 Jahren zum Doktor der Philosophie promoviert. Wie sein Zeitgenosse Carl von Ossietzky vertrat auch Quidde eine pazifistische Lebensanschauung und setzte sich schon früh gegen Antisemitismus und für eine Politik ein, die sich dem Frieden verschrieb. Und auch die Rechte von Tieren lagen ihm am Herzen: So gründete er 1898 den „Münchener Verein gegen Vivisektion und sonstige Tierquälerei“. [Vivisektion = Zergliedern oder Sezieren lebender Organismen, Anm. d. Red.]
Seine demokratische, antimilitaristische Orientierung veranlasste Ludwig Quidde 1893 zum Beitritt in die linksliberale „Deutsche Volkspartei“ (DtVP), die in Opposition zur Vorherrschaft Preußens stand und auf demokratischere Verhältnisse in Deutschland hinwirkte. Zu schlagartigem Ruhm gelangte er im Jahr 1894 durch die Veröffentlichung seiner Schrift „Caligula: Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn“. Das Werk befasste sich eigentlich mit der autokratischen Gewaltherrschaft des römischen Kaisers Caligula (Lebzeit 1. Jahrhundert), enthielt jedoch zahlreiche offenkundige Anspielungen auf Wilhelm II., der zwischen 1888 und 1918 als letzter Deutscher Kaiser und König von Preußen regierte. Die Schrift wurde somit als satirische Abhandlung auf den damals herrschenden Kaiser gesehen, der seinerseits eine traditionelle, autoritäre Herrschaftsauffassung besaß.
Juristisch konnte Quidde aufgrund seines Pamphlets keine Majestätsbeleidigung nachgewiesen werden, doch führte die Ächtung durch das Gros seiner Fachkollegen zum Ende seiner publizistischen Laufbahn, was seiner Reputation aber keinen nennenswerten Abbruch tat: Fortan war er vor allem politisch und in führender Stellung innerhalb der deutschen Friedensbewegung aktiv. 1907 wurde er als Mitglied der DtVP erstmals in den bayerischen Landtag gewählt, wo er bis 1918 Abgeordneter blieb. Sein Engagement für den Frieden wurde 1927 mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Der Beginn der NS-Herrschaft in Deutschland zwang ihn letztendlich ins Schweizer Exil, wo er 1941 verstarb.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 5 / 15.03.2025]
Teil XIV: Eduard-Beerbaum-Straße (Lipp)
Eduard Beerbaum (Lebzeit 1901-1968) stammte gebürtig aus Barmen (heute ein Stadtbezirk von Wuppertal) und kam gegen Ende der 1920er Jahre als junger Lehrer an die Volksschule Bedburg. Nachdem er um 1930 für einige Zeit in den niederländischen Schuldienst wechselte, kehrte er zu Beginn der 1930er Jahre wieder an die Volksschule in Bedburg zurück.
Über viele Jahre war er als Lehrer maßgeblich an der Erziehung und Förderung der Bedburger Schülerschaft beteiligt, deren Entwicklung er mit großem Einfluss mitgestaltete. Nicht nur pädagogisch, sondern auch politisch war Beerbaum aktiv: 1956 trat er dem Rat der Gemeinde Lipp bei; 1958 wurde er zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt - dieses Amt führte er nach zwei Wiederwahlen (1961 und 1964) bis zu seinem Tode aus. Darüber hinaus war er seit 1961 Mitglied der Amtsvertretung des damals noch existierenden Amtes Bedburg sowie zuletzt Mitglied des Kreistages in Bergheim.
Beerbaum hat sich während seiner 12-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit im Gemeinderat als Angehöriger der CDU-Fraktion besonders um die Gemeinde Lipp verdient gemacht und war ebenso aktiver Förderer der örtlichen Vereine, insbesondere der Karnevalsgesellschaft „Kleine Lipper“. Später übernahm er die Leitung der Volksschule in Lipp, deren Hauptlehrer er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1967 war.
Er galt als überaus engagierter, fleißiger Lehrer, der einen sehr guten Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern sowie zur restlichen Bürgerschaft genoss. Nach Eintritt in den Ruhestand stellte er sich aufgrund des großen Lehrerpersonalmangels der Volksschule in Kirdorf als Aushilfslehrer zur Verfügung.
Eduard Beerbaum starb plötzlich und unerwartet am 29. April 1968 im Alter von 66 Jahren noch während seiner Amtszeit als ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Lipp. Sein Tod bedeutete besonders für die Ortschaft Lipp einen schweren Verlust.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 11 / 07.06.2025]
Teil XV: Pfarrer-Stein-Straße (Kirchtroisdorf)
Peter Josef Stein, langjähriger Pfarrer und Seelsorger der Kirche St. Matthias in Kirchtroisdorf, wurde 1881 in Wesseling geboren. Nach einemTheologiestudium, welches ihn nach Bonn, Münster und Köln führte, empfing er 1909 durch Kardinal Anton Fischer in der hohen Domkirche zu Köln die heilige Priesterweihe. Hierauf trat er seine erste Anstellung als Vikar in Niederkrüchten an. Als Vikar bzw. Kaplan wirkte er anschließend in Köln-Sürth (1912-1918) und Meckenheim (ab 1918).
1928 wurde Josef Stein, sein eigentlicher Vorname Peter war allgemein weniger bekannt, zum Pfarrer von Kirchtroisdorf ernannt, wo er 1934 feierlich sein silbernes Priesterjubiläum beging. In Kirchtroisdorf durchlebte er schwierige Zeiten, während derer er sich aufopferungsvoll und bedingungslos für die Mitglieder seiner Pfarr- und Dorfgemeinschaft einsetzte. Vor allem die Zeit des Nationalsozialismus und die Jahre des Zweiten Weltkrieges zehrten an seiner Kraft und Gesundheit. Während dieser Zeit konnte er mehrmals einer Verhaftung durch die nationalsozialistischen Machthaber entgehen.
Zu seinen großen Verdiensten für den Ort Kirchtroisdorf gehörten der Ausbau der Kirche St. Matthias und deren Ausstattung sowie die Anlage eines würdigen Friedhofes für den Ort. 1953 war er bereits seit 25 Jahren Pfarrer in Kirchtroisdorf und feierte unter Teilnahme der gesamten Einwohnerschaft des Dorfes sein silbernes Ortsjubiläum.
Josef Stein verstarb 1954, nach annähernd 27 Jahren im Dienste als Pfarrer und Seelsorger des Ortes, im Alter von 73 Jahren in Kirchtroisdorf. Er wurde besonders von den Angehörigen der Pfarrgemeinde und auch von der gesamten Dorfgemeinschaft, deren Achtung und Verehrung er besaß, aufrichtig betrauert. Sein Leben und Leiden sah er als Opfer für seine Gemeinde. Bis heute bewahrt ihm die Stadt Bedburg mit dieser Straßenbenennung ein stilles Andenken.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 12 / 21.06.2025]
Alle Abbildungen: © Stadt Bedburg