Bedburger Straßenlexikon
Rund 400 Straßen gibt es in Bedburg, deren Namen meist alteingesessen und damit für die Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich sind. Doch schauen wir einmal genauer hin, entdecken wir viele Straßennamen, die Fragen aufwerfen: Wer waren die Personen, die namensgebend für die Straßen in unserer Stadt sind? Das Bedburger Straßenlexikon klärt auf: Wer war zum Beispiel Anton Heinen? Und was hat es mit dem heiligen Sankt Rochus auf sich?
In Bedburg gibt es viele Straßen, die nach bekannten und einflussreichen Personen benannt wurden, welche sich politisch, kulturell, wissenschaftlich oder gemeinschaftlich in herausragender Weise engagiert haben. Andere wiederum sind nach Legenden benannt, deren Existenzen umstritten sind oder gar widerlegt wurden. Viele der namensgebenden Personen sind weithin bekannt, andere eher weniger. Hier stellen wir Bedburger Straßennamen vor, deren Namensgeber*innen eine spannende Geschichte erzählen.
Sie vermissen eine Straße in unserem Lexikon? Dann senden Sie uns gerne Ihren Straßenvorschlag an: online@bedburg.de
Teil I: Anton-Heinen-Straße (Kirdorf)
Die im Stadtteil Kirdorf gelegene Straße wurde nach dem katholischen Priester und Volkspädagogen Anton Heinen (1869-1934) benannt, der in der ehemaligen Bedburger Ortschaft Buchholz geboren wurde.
Vornehmlich widmete sich Heinen der Erwachsenenbildung, verfasste und publizierte auf diesem Gebiet zahlreiche Schriften. Auch die in Kirdorf ansässige Anton-Heinen-Schule ist nach ihm benannt.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 08 / 29.04.2023]
Teil II: Sankt-Ursula-Weg (Lipp)
Im Bedburger Stadtteil Lipp gelegen, verläuft der Sankt-Ursula-Weg entlang des Friedhofs bis zur Karlstraße in Bedburg-West. Sowohl die Kirche in Lipp als auch die Straße sind nach der heiligen Ursula von Köln benannt, die im 4. Jahrhundert gelebt haben soll. Verschiedenen historischen Quellen zufolge stammte sie aus der Bretagne und starb in Köln als Märtyrerin im Kampf gegen die Hunnen, die damals die Stadt besetzten.
Da die historische Existenz der heiligen Ursula jedoch nicht nachgewiesen werden kann, gilt sie als Legendenfigur. Deutschlandweit sowie in vielen anderen europäischen Ländern wurden zahlreiche Kirchen und Schulen nach ihr benannt, die gemeinhin als „Ursulakirchen“ und „Ursulaschulen“ bekannt sind.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 09 / 13.05.2023]
Teil III: Hubert-Hachenberg-Straße (Blerichen)
Noch heute versprüht die Hubert-Hachenberg-Straße den Charme der Arbeiterklasse aus der Nachkriegszeit. Die kleine Straße liegt im Herzen des Stadtteils Blerichen und wurde nach Hubert Hachenberg (1914-1971) benannt, seinerzeit Bürgermeister des Amtes Bedburg. Im Frühjahr 1946 hatte die britische Militärregierung eine Neufassung der Deutschen Gemeindeordnung verfügt. An die Stelle der Bürgermeisterverfassung setzte sie eine Ratsverfassung nach britischem Vorbild. Der Bürgermeister wurde zum ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden des Rates und Repräsentanten der Gemeinde. In seiner Zeit als Amtsbürgermeister von 1969 bis 1971 machte Hachenberg sich in ehrenvoller Weise um das Amt Bedburg (*) verdient. Ihm gelang es, ein ausgezeichnetes Verhältnis zwischen Verwaltung und Rat herzustellen.
* Das Amt Bedburg entstand 1945 aus dem Zusammenschluss der Stadt Bedburg mit der Gemeinde Lipp (die offizielle Zustimmung der Gemeinderäte von Lipp dazu erfolgte erst im Jahre 1950). Es bestand aus den zur Stadt Bedburg gehörenden Orten (alphabetisch) Auenheim, Bedburg, Blerichen, Broich, Buchholz, Frauweiler, Garsdorf, Geddenberg, Kirdorf, Muchhaus, Oberschlag, Rath, Winkelheim sowie den Gütern Gommershoven, Majershof, Priorshof und Tannenhof und den zur Gemeinde Lipp gehörenden Orten Gaulshütte, Lipp, Millendorf, Oppendorf und den Gütern Etgendorf und Schunkenhof. 1974 wurde im Zuge der Gemeindereform das Amt Bedburg aufgelöst; der Rechtsnachfolger wurde zum Jahreswechsel 1975 die neu entstandene „Stadt Bedburg“.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 12 / 24.06.2023]
Teil IV: Franz-Vosen-Straße (Kaster)
Franz Vosen (geb. 1901), ehemaliger Bürgermeister von Kaster, hatte eine bewegende Lebensgeschichte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er aufgrund seiner KPD-Mitgliedschaft aus dem Gemeinderat entfernt, mehrfach verhaftet und zu einer mehrjährigen Haft verurteilt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er polizeilich überwacht und musste sich täglich bei der Kasterer Behörde melden. Knapp zwölf Jahre später war er jedoch wieder in der Kommunalpolitik aktiv und wurde 1946 zum Bürgermeister von Kaster gewählt, wieder als KPD-Mitglied (kurz darauf SPD). Bis 1956 war er in diesem Amt tätig, dem Gemeinderat gehörte er noch bis 1974 an.
Nach ihm wurde die Franz-Vosen-Straße benannt, um an sein Wirken in der Nachkriegszeit zu erinnern und um seine Arbeit beim Aufbau demokratischer Strukturen in der Kommunalpolitik zu würdigen. Außerdem trug er einen entscheidenden Teil dazu bei, dass die Kriegsschäden wieder behoben wurden und dass Kaster nicht dem Braunkohlentagebau weichen musste.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 13 / 08.07.2023]
Teil V: Sankt-Rochus-Straße (Kaster)
Im Ortskern des Bedburger Stadtteils Kaster liegt die nach Rochus von Montpellier benannte Straße, die entlang der Ladengeschäfte verläuft und aus dem Ort hinausführt. Rochus von Montpellier ist ein Heiliger der katholischen Kirche und lebte den Überlieferungen nach zwischen 1295 und 1379. Über Jahrhunderte war er einer der beliebtesten Volksheiligen Europas. Zu Lebzeiten half er vielen Pestkranken und galt daher als Schutzpatron gegen die Krankheit.
Viele Kirchen in ganz Europa sind heute nach Rochus von Montpellier benannt, welche man gemeinhin als Rochuskirchen bezeichnet. Die Informationen über den heiligen Rochus sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da viele Hintergründe zu seinem Leben und Wirken als legandarisch gelten.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 14 / 22.07.2023]
Teil VI: Adolf-Silverberg-Straße (Bedburg, Kernstadt)
Die Adolf-Silverberg-Straße liegt in der Bedburger Kernstadt, verläuft entlang der Bahnschienen und grenzt unmittelbar an den Stadtteil Blerichen. Sie wurde nach dem deutsch-jüdischen Industriellen Adolf Silverberg (1845–1903) benannt, unter dessen Einfluss gegen Ende des 19. Jahrhunderts die moderne Braunkohleindustrie im Rheinland entstand.
In Bedburg sorgte er dafür, dass rund 1.000 Arbeitsplätze entstanden, indem er u. a. in die Rheinischen Linoleumwerke investierte, deren Produktionsstätten in der heutigen Adolf-Silverberg-Straße ansässig waren. Nicht nur die Straße ist nach ihm benannt; auch das Bedburger Gymnasium trägt seit 1998 den Namen „Silverberg-Gymnasium“.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 17 / 02.09.2023]
Teil VII: Gerhard-vom-Brugh-Straße (Broich)
Im Normalfall findet man sie nur, wenn man gezielt nach ihr sucht: die Gerhard-vom-Brugh-Straße am Ortsrand des Bedburger Stadtteils Broich. Die Straße liegt in unmittelbarer Nähe der Erft, welche von dort aus innerhalb weniger Minuten fußläufig erreichbar ist. Namensgeber der Straße ist Gerhard vom Brugh, der im 14. Jahrhundert als Eigentümer einer Burg namens „Castrum Scidrike“ in Broich lebte. 1390 verkaufte er das Anwesen an das Augustinerkloster in Bedburg.
Die Burg fiel um 1642 dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer, heute erinnert der Name der nahegelegenen Straße „Schirkerhof“ noch an deren frühere Existenz.
[erschienen in den Bedburger Nachrichten Nr. 18 / 16.09.2023]
Alle Abbildungen: © Stadt Bedburg