Filmpremiere über jüdisches Leben in Bedburg: 280 Menschen setzten starkes Zeichen gegen das Vergessen
Der Andrang war riesig, die Botschaft des Abends aber noch größer. 280 Besucherinnen und Besucher setzten im restlos gefüllten Rittersaal auf Schloss Bedburg ein starkes Zeichen gegen das Vergessen. Sie alle kamen am 9. November, dem Gedenktag für die Opfer der Reichspogromnacht vor 85 Jahren, zur Premiere des Films „Nicht Vergessen“.
„Ich bin zutiefst berührt und danke den Bedburgerinnen und Bedburgern für das Zeichen, das sie mit diesem Abend gesetzt haben. Ein Zeichen gegen Antisemitismus und Fremdenhass und für eine tolerante, vielfältige und lebendige Gesellschaft. Dieser Abend erhält mit Hinblick auf die weltpolitische Lage einen noch größeren Wert. Wir hier in Bedburg haben gezeigt, nie wieder ist jetzt“, erklärt Bürgermeister Sascha Solbach.
Der 40-minütige Dokumentarfilm des Bedburger Fotografen und Filmemachers Matthias Sandmann erzählt von der Geschichte der Jüdinnen und Juden in Bedburg. Er beleuchtet einzelne Schicksale jener Menschen und Familien, die das Leben in der Stadt vor der Zeit des Nationalsozialismus sowohl wirtschaftlich als auch kulturell maßgeblich prägten. lm Jahr 1930 lebten noch etwa 100 Jüdinnen und Juden in Bedburg, im Dezember 1942 jedoch galt die Stadt bereits als „judenfrei“.
Eine dieser Familien war die Familie Franken. Sie lebte seit dem Jahr 1714 auf dem Gebiet der heutigen Stadt Bedburg, ihr gehörte ab 1880 auch das alte Patrizierhaus am Bedburger Marktplatz, heute bekannt als ehemaliges Rathaus der Stadt Bedburg. Vor den Novemberpogromen 1938 besuchte die heute in Israel lebende Hannah Monin ihre Großmutter Frieda Franken regelmäßig in diesem Haus. In der Reichspogromnacht zerstörten die Nationalsozialisten das Wohnhaus der Familie Franken und brachten es in ihren Besitz. Nach den Umbauarbeiten diente es von 1941 bis zum Jahr 2020 als Rathaus der Stadt Bedburg.
So wie der Familie Franken erging es zahlreichen anderen Juden in Bedburg. Sie alle waren von den lokalen Nationalsozialisten ihres Besitzes beraubt, deportiert und in Vernichtungslagern ermordet oder zuvor vertrieben worden. Heute erinnern die 22 Stolpersteine im gesamten Stadtgebiet, die durch Patenschaften von den Bedburger Schulen gepflegt werden, an diese Menschen.
Film ab sofort auch online verfügbar, nächste Vorstellung am 23. Januar auf Schloss Bedburg
Eingeladen zur Filmpremiere waren auch Vertreterinnen und Vertreter aus Bedburgs israelischen Partnerstadt Pardes Hanna-Karkur. Neben ihnen wäre auch gerne Hannah Monin gemeinsam mit ihrer Tochter Daphna Arditi und ihrem Großneffen Yossi Meiri zur Premiere nach Bedburg gekommen. Bereits im Sommer 2022 besuchten die drei die Stadt Bedburg anlässlich der Städtepartnerschaft. Ihr Besuch im letzten Jahr war auch Anlass für den Film „Nicht Vergessen“ über das jüdische Leben in Bedburg. Die gesundheitliche Situation der mittlerweile 96-jährigen Hannah Monin und der Kriegsausbruch machten einen Besuch für alle leider unmöglich. Trotzdem wandten sich Hannah Monin, Daphna Arditi und Yossi Meiri in ihren Briefen, vorgetragen von Anna Noddeland von der Stabsstelle Soziale Stadt der Stadt Bedburg, an die Besucherinnen und Besucher.
“Vor 85 Jahren versuchten die Nazis uns Juden in der Reichspogromnacht auszurotten. Es ist ihnen nicht gelungen. Und denen, die es seit dem 7. Oktober 2023 versuchen, wird es auch nicht gelingen. Denn wir haben Tausende von Jahren überlebt und werden für immer überleben. Vor 85 Jahren wurde unsere Familie Franken aus Bedburg vertrieben. Umso glücklicher sind wir, dass wir der Stadt mit diesem Film unseren Namen zurückgeben können, indem wir eine Brücke der Freundschaft zwischen uns bauen. Denn das Wichtigste ist: Nicht Vergessen“, so Hannah Monin, ihre Tochter Daphna Arditi und Großneffe Yossi Meiri in ihren Briefen.
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Hintergrund:
Produziert wurde der Dokumentarfilm „Nicht Vergessen“ von Regisseur Matthias Sandmann in Zusammenarbeit mit der Stadt Bedburg und des Vereins für Geschichte und Heimatkunde e.V. Gefördert wurde er durch Finanzmittel des Förderprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.