Ratsentscheid für ein neues Stadtviertel auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik
Mit der Stimme des Bürgermeisters und damit einer Stimme Mehrheit, haben die Fraktionen der SPD und FWG im Rat der Stadt Bedburg in der Sitzung am 5. November 2019 beschlossen, dem neuen Flächennutzungsplan zuzustimmen. Der städtebauliche Vertrag mit dem Eigentümer und Investor des Geländes, Sybac Solar GmbH, wurde nach Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach geheimer Abstimmung ebenfalls mehrheitlich mit 19:18 Stimmen beschlossen. Damit ist der Weg frei für ein neues Quartier in Bedburg auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik.
„Diese Entscheidung ist ein richtiger Schritt für Bedburg und unsere Zukunft. Ein solches Quartier ist einzigartig in der Region und wird unsere Stadt zusätzlich beleben. Wachstum und auch Mut für Neues sind gerade jetzt wichtige Komponenten für den Strukturwandel, weil eine vielfältige Wohn- und Infrastruktur neue Menschen in unsere Stadt zieht und für Firmenansiedlungen ein entscheidender Faktor ist“, so Bürgermeister Sascha Solbach. „Ich wünsche mir sehr, dass nach dieser Entscheidung alle Fraktionen gemeinsam das Projekt konstruktiv begleiten werden und auch viele Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen mit einbringen.“
Rund 200 BürgerInnen besuchten am 5. November die Stadtratssitzung. Schwerpunktthemen waren die Aussprache und Abstimmung über den städtebaulichen Vertrag mit dem Investor Sybac Solar GmbH, den Gutachtern, Vertretern von RWE, dem Architekten Prof. Kister und der Verwaltung. Die BesucherInnen hatten sich intensiv mit den Planungsunterlagen beschäftigt und konnten ihre Fragen stellen.
Die im Rat vertretenen Parteien stellten ebenfalls ihre Fragen und verdeutlichten anschließend ihre Positionen zum neuen Quartier. Im Fokus der Fragerunde stand unter anderem die Bodenbeschaffenheit, die lt. Gutachtern und RWE herausfordernd, aber beherrschbar sei. Das nunmehr maximal zehngeschossige Hochhaus war ebenfalls ein wichtiger Diskussionspunkt. Architekt Prof. Kister erläuterte noch einmal in Kürze das städtebauliche Gesamtkonzept seines Entwurfs und plädierte erneut für diese moderne Mischbebauung im neuen Quartier. Das höchste Gebäude wird kein reines Wohnhaus sein. Es wird eine Mischnutzung aus Gastronomie, Gewerbe und Wohnen geben – durch diese Konzeption soll das Quartier einen lebendigen Fixpunkt erhalten.
150 Einheiten bezahlbarer Wohnraum, Ärztehaus, Schule aus Holz und Hotel
Stärkung der Innenstadt durch nahtlose Anbindung des Quartiers
Ein Hotel, geplant mit 140 Zimmern, soll Bedburg als touristischen Standort stärken, Arbeitsplätze schaffen und für weitere Erlösmöglichkeiten für die lokale Geschäftswelt sorgen. Viel positive Resonanz gab es für den Entwurf der neuen Grundschule – einer Schule aus Holz, die nach modernsten pädagogischen Konzepten entwickelt ist. Energieautarkie, E-Mobilität und klimaneutrale Bauweise sollen das neue Stadtviertel so nachhaltig und CO2-sparend wie möglich machen. 15 Prozent der Wohnfläche wird öffentlich gefördert und damit garantiert bezahlbarer Wohnungsbau sein. Der neue Stadtteil ist so konzipiert, dass sich das Profil nahtlos an die bestehende Innenstadtstruktur anfügt und somit die Bedburger Innenstadt zusätzlich stärken wird.
Wenn der Bebauungsplan rechtskräftig ist, werden die Baumaßnahmen beginnen. Dies wird voraussichtlich im Frühjahr 2020 sein.
Hintergrund:
Ein Stadtteil der Zukunft soll es werden: Am 14. November 2017 stellte Prof. Johannes Kister von kister scheithauer gross architekten und stadtplaner aus Köln/Leipzig erstmals dem Stadtentwicklungsausschuss seine Pläne für ein neues Quartier in Bedburg vor. Auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik soll ein hochmodernes Quartier entstehen.
Eingebunden in das Bedburger Stadtbild und dennoch sehr individuell gestaltet, soll es ein „Mischwohngebiet“ sein. Gemischter öffentlicher geförderter oder freifinanzierter Geschosswohnungsbau, Eigenheime und sehr differenzierte Wohnmilieus sollen das neue Quartier prägen. Parks und öffentliche Grünflächen sorgen für einen anspruchsvolle Freiraumgestaltung, ebenso wie die Nachbarschaft zur Erft und eine neue Wasserachse, die das Gelände durchziehen soll. Ergänzt wird dieses Quartier unter anderem durch einen neuen Schulstandort, eine Kita, ein Hotel mit Veranstaltungssaal und Gastronomie. Energetisch auf neuestem Standard sollen die Einrichtungen in dem Quartier über alternative Versorgungs- und Entsorgungsmöglichkeiten verfügen, die ca. 2.000 bis 2.500 Menschen in den Haushalten in diesem Quartier versorgen.
Prof. Johannes Kister bei der Präsentation 2017: „Wenn über die Zukunft von Städtebau in den nächsten Jahren gesprochen wird, wird Bedburg zu nennen sein. Eine „neue Stadt“ ist niemals ohne Geschichte denkbar; eine „neue Stadt“ setzt auf die Qualität der öffentlichen Räume, die Einbeziehung von Natur, materielle und energetische Nachhaltigkeit sowie eine soziale Vielfalt. Der Anspruch, Maßstäbe zu setzen, ist ein lohnendes Ziel.“
Über das Gelände:
Am 1. August 1883 wurde die Zuckerfabrik Bedburg gegründet. Am 18. Mai 1995 schloss sich die Zuckerfabrik Bedburg mit der Zuckerfabrik Jülich zu einem neuen Unternehmen zusammen, woraufhin der Standort Bedburg am 31. März 1997 geschlossen wurde.
Zuletzt waren hier, am Rande der Bedburger Innenstadt und direkt benachbart zur Erft, noch 127 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das insgesamt rund 30 ha große Gelände östlich der Erft auf Höhe des REAL SB-Warenhauses, welches zur aktiven Zeit der Zuckerfabrik als Lagerfläche für Zuckerüben genutzt wurde, liegt seitdem brach.
Zwischenzeitlich waren diverse Ideen zur Nachnutzung erörtert worden, darunter ein Wohngebiet oder ein Solarpark. Nachdem der aktuelle Eigentümer des Großteils der vakanten Flächen nunmehr weitere Untersuchungen zur Tragfähigkeit des Baugrunds erarbeitet hat, wurde durch das Architektur- und Stadtplanungsbüro „kister scheithauer gross“ das o.g. städtebauliche Konzept erarbeitet, welches auch die Flächen berücksichtigt, die im Besitz der Stadt Bedburg befindlich sind.
Prof. Johannes Kister
Johannes Kister (1956 in Stuttgart geboren) studierte Architektur an der RWTH Aachen bei Prof. Gottfried Böhm. 1988 gründete er die Architektengemeinschaft kister scheithauer gross. Seit 1994 ist Kister Professor für Entwerfen und Baukonstruktion an der Hochschule Anhalt (FH) am Bauhaus Dessau. Zudem ist er Mitautor und Redaktionsmitglied der Neufertschen Bauentwurfslehre. Kister wirkte als Beirat des Deutschen Architekturmuseums DAM Frankfurt am Main. Seit 2016 ist er Mitglied des neuen Gestaltungsbeirats der Stadt Stuttgart und seit 2012 Mitglied der Fördergesellschaft Deutsches Institut für Stadtbaukunst. 2016 wurde er in die Arbeitsgruppe „Standards im Bauwesen“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit berufen.
kister scheithauer gross architekten und stadtplaner (ksg)
ksg stehen seit 25 Jahren für den intensiven Dialog von Ort und Typologie. Aus diesem übergeordneten Kontext planen und realisieren die Architekten, Stadtplaner und Innenarchitekten von ksg aus abstrakten Visionen konkrete Bauskulpturen – vom städtebaulichen Masterplan bis hin zum Interior Design. Zurzeit arbeiten ksg an den Standorten Köln und Leipzig mit einem Team von über 75 Mitarbeitern. Beispielhafte Projekte der Bürogeschichte bilden die Doppelkirche in Freiburg, das „Siebengebirge“ in Köln, der Campus 2000 in Dessau, das Händelhaus-Karree in Halle/Saale, die neue Synagoge in Ulm oder der Masterplan für das Gerling-Areal in Köln.